Lang erwartet, nun ist sie endlich da: Die Ertragsprognose für das Dach am Herrenberg 11

Allgemeines zu Ertragsprognosen für Solaranlagen

Ertragsprognosen hängen von vielen verschiedenen Eingangsgrößen ab. Es ist daher sinnvoll, sich zunächst empirisch einen Überblick zu verschaffen, welche Erträge bereits bestehende Solaranlagen in der Region liefern. Dies gilt umso mehr, als die Erträge von PV-Anlagen stark von der geographischen Breite abhängen. Eine regionale Ertragsübersicht findet man z.B. auf der Seite www.pv-ertraege.de. Zu den Daten für Ostthüringen geht es hier.

Als aktuellen Referenzwert nehmen wir den Durchschitt der letzten drei Jahre, unter Berücksichtigung der Anlagen mit richtigem Azimutwinkel und Dachneigung: 922 kWh/kWpeak

Ertragsmindernde Faktoren

Folgende lokale Faktoren haben zusätzlich Einfluss auf die Erträge:

  1. Bewölkung
  2. Ausrichtung der Solaranlage (Azimutwinkel)
  3. Neigung der Solarmodule (Polarwinkel)
  4. lokale Verschattung
  5. Charakteristika der verwendeten Solarmodule (z.B.: Wie effektiv wird diffuse Strahlung in Strom umgesetzt?)

Diese Punkte kann man jeweils quantitativ erfassen als prozentualen Verlust gegenüber der idealen Situation. Eine konservative Abschätzung des absoluten Ertrags der Solaranlage kann man erhalten, indem man annimmt, dass die unter 1. genannten Erträge alle unter optimalen Bedingungen erwirtschaftet wurden, und hiervon den berechneten prozentualen Verlust abzieht.

zu 1.):

Der Einfluss der Bewölkung lässt sich gut ermitteln, indem man die Werte für die kumulierte jährliche Globalstrahlung heranzieht. Der Deutsche Wetterdienst misst diese Daten mit einem feinmaschigen Netz von Messtationen. Die folgende Karte zeigt die mittleren Messwerte seit den 70er Jahren.

Jena liegt bei ca. 960 kWh/m^2, der Durchschnitt in Ostthüringen liegt bei etwa 1050 kWh/m^2. Dies kommt v.a. daher, dass Jena im Saaletal liegt und es dort öfter zu Nebelbildung kommt. Aktuelle Messwerte für Jena findet ihr z.B. hier. Die dortigen Werte für die Globalstrahlung liegen deutlich über 960 kWh/m^2 - der Klimawandel ist nämlich auch in Thüringen bereits messbar, was für die Erträge unserer Solaranlage freilich vorteilhaft ist.

=> Prozentualer Verlust: (1-((960kWh/m2)/(1050kWh/m2)))*100 = 8,6%

zu 2.) und 3.):

Die Orientierung (azimutale Ausrichtung) des Dachs weicht um 4° von der optimalen Südlage nach Westen ab. Da der Einfluss einer Abweichung proportional ist zum Cosinus des Winkels, ist dieser Verlust zu vernachlässigen.

Da es sich um ein Flachdach handelt und die Solarmodule ohnehin aufgeständert werden müssen, lässt sich die Neigung (Polarwinkel) beliebig genau an das Optimum anpassen, das bei etwa 30° gegen die Horizontale liegt. Auch hier sind also keine Einbußen gegenüber der optimalen Situation zu erwarten.

zu 4.):

Südwestlich des Dachs befindet sich die Lichtenhainer Höhe. Der Horizont sieht damit so aus:

Die Intensität der Einstrahlung variiert sowohl im Tages- als auch im Jahresverlauf stark. Außerdem teilt sich die eintreffende Strahlung in direkte und indirekte (diffuse) Strahlung auf. Es reicht deshalb nicht aus, sich die Zeit auszurechnen, während der die Sonne vom Horizont verdeckt wird. Wir haben daher ein digitales Höhenmodell von Jena zuhilfe genommen und mit dem GIS (Geo-Informationssystem) die Standortstrahlung im Jahresverlauf ausgerechnet. Die Ergebnisse sind umfangreich, wir haben sie daher auf einer separaten Seite dargestellt.

=> Prozentualer Verlust: 6,3 %

zu 5.):

Solarzellen werden beständig weiterentwickelt. Der zu erwartende Ertrag einer Anlage pro kWp (erklären!) an einem gegebenen Standort steigt somit in Abhängigkeit vom Baujahr. Generell wird direkte Strahlung von Solarzellen effektiver in Strom umgesetzt als diffuse Strahlung. Die beiden Solarzelltypen, die bei unserer Anlage zum Einsatz kommen sollen (siehe den teilweise veralteten Artikel hier, der sich noch auf das Dach der Lessingstr. 12 bezieht), haben hier grundlegend verschiedene Eigenschaften; amorphe Zellen nutzen die diffuse Einstrahlung z.B. besser als kristalline. Insgesamt gesehen verhält sich die Anlage also ungefähr durchschnittlich, weshalb es gerechtfertigt ist, die unter 1. genannten Statistiken zu verwenden.

Da diffuse Strahlung von allen heute verfügbaren Solarzellen weniger effektiv umgesetzt wird als direkte, der diffuse Anteil aber beim Verlust überproportional vertreten ist, bedeutet der unter 2.4. genannte Verlust ebenfalls eine konservative Abschätzung.

Gesamtprognose

Durch Multiplikation der jeweils verbleibenden Anteile des Ertrags erhält man das Gesamtergebnis: 922kWh/kWpeak -8,6% -6,25% = 790kWh/kWpeak

Dieses Ergebnis deckt sich weitgehend auch mit einer Untersuchung, die mithilfe einer kommerziellen Software für die Ertragskalkulation für uns erstellt wurde, und die von einem spezifischen Jahresertrag von 745kWh/kWpeak ausgeht. Die Berechnungsmethode dieser Software ist erklärtermaßen sehr konservativ, wodurch sich die leichte Differenz zu unseren Berechnungen erklären dürfte.

Unser Dach ist somit für eine Solaranlage geeignet, wenngleich die Bedingungen leider nicht optimal sind. Umso intensiver arbeiten wir daher an der Minimierung der Kosten für die Anlage, ohne dass das natürlich auf Kosten der Qualität gehen darf. Ein Kostenpunkt, der uns zur Zeit noch Probleme bereitet, ist die Unterkonstruktion für die Solarmodule, damit sie solide auf dem Dach verankert sind (mehr dazu hier). Parallel prüfen wir noch eine andere Option auf dem Dach des Uniklinikums.

Die vorläufigen Angebote, die uns bereits vorliegen, deuten darauf hin, dass wir die Anlage trotz dieser Einschränkungen wirtschaftlich betreiben können. Definitiv können wir das jedoch erst sagen, wenn die Befestigung vollständig geklärt ist und alle Zahlen auf dem Tisch liegen.